Juryvotum Potsdam 28.08.2010
Im Anschluss an die Auswärtsfahrt von Babelsberger Fans nach Erfurt kam es am Potsdamer Hauptbahnhof zu Vorkommnissen, die die Jury zum Anlass nimmt, ein weiteres Votum zu erstellen.
Ergänzendes Votum für Potsdam - lesen
Abschnitt Erfurt - lesen
Zugrunde gelegter Sachverhalt:
Gegen 21:20 Uhr erreichten die ca. 60 Babelsberger Fans, die zuvor das Auswärtsspiel ihrer Mannschaft in Erfurt besucht hatten, den Potsdamer Hauptbahnhof.
Der Ausstieg aus dem aus Magdeburg kommenden Regionalexpress erfolgte in zwei getrennten Gruppen, da es auf der Reise einen faninternen Konflikt gegeben
hatte.
Während knapp 50 Babelsberger bereits den Aufgang zum Mittelgang des Bahnhofsgebäudes nahmen, verblieb die andere Gruppe zunächst auf dem Bahnsteig.
Auf dem Mittelgang erwarteten eine Polizeikette sowie mehrere Hundeführer mit Hunden ohne Maulkorb die Babelsberger Fans. Diese wurden gebeten, den vorderen Ausgang in Richtung Tramstation zu benutzen. Begründet werden konnte die Maßnahme von keinem der gefragten Beamten.
Da ein Großteil der Fans mit der S-Bahn nach Babelsberg zu fahren wünschte, wurde Kontakt zum örtlichen Einsatzleiter gesucht. Dieser sicherte nach minutenlanger Diskussion dem Fanbetreuer zu, dass denjenigen Fans, die mit der S-Bahn nach Babelsberg fahren wollten, der Durchgang durch die Polizeikette ermöglicht werden würde.
Daraufhin wurden einzelne Fans durch die Polizeikette gelassen.
Nachdem ca. 6-7 Fans der Weg auf die gewünschte Seite ermöglicht worden war, schloss sich die Kette wieder und weitere Fans wurden zunächst nicht mehr durchgelassen. Es kam zu einer kurzen Schubserei, in deren Folge die eingesetzten Beamten unmittelbaren Zwang ausübten. Zwei Fans wurden zu Boden gerissen und fixiert. Ein weiterer Fan, der vor der Polizeikette stand, wurde von einem Polizeibeamten überrannt, so dass er über einen metallenen Mülleimer flog. Gegen Fans, die bereits hinter der Polizeikette standen und ihren Unmut verbal äußerten, wurden ebenso Pfefferspray eingesetzt wie gegen unbeteiligte Passanten. Einem Fan, der die Brille eines Freundes aufheben wollte, wurde die Spraydose mit Pfefferspray unmittelbar vor das Gesicht gehalten. Schließlich trieb eine hinzukommende Polizeieinheit die immer noch verbal protestierenden Fans hinter der Kette über eine Strecke von ca. 200-300 m aus dem Bahnhof bis über die Babelsberger Straße hinaus.
Der Einsatzleiter äußerte sich derweil gegenüber den ebenfalls verbal protestierenden Babelsberger Fans vor der Polizeikette mit Sätzen wie „Wenn Sie jetzt nicht aufhören zu provozieren, dann kommen Sie alle in Gewahrsam, dann verbringen Sie alle die Nacht in der Zelle!“ und - nachdem ein Babelsberger Fan sich über die fehlenden Maulkörbe der Polizeihunde beschwert hatte - : „Sie hören gefälligst auf, unsere Polizeihunde zu beleidigen!“ Während die polizeilichen Maßnahmen gegenüber den 3 festgesetzten Babelsberger Fans weiterliefen, wurden die Fans aufgefordert, nun rasch zum S-Bahn-Gleis zu gehen, um die wenige Minuten später abfahrende S-Bahn Richtung Babelsberg zu erreichen.
Dem Hinweis des Fanbetreuers, dass die Fans gerne auf ihre festgehaltenen Freunde warten wollten, wurde von Seiten des Einsatzleiters begegnet, dass „diese Fans dann halt die ganze Nacht in Gewahrsam bleiben und die anderen alle einen Platzverweis erhalten“ würden. Bei Nichtbeachtung eines Platzverweises drohe auch den anderen „eine Nacht in der Zelle“. Da die polizeilichen Maßnahmen unmittelbar nach diesen Äußerungen jedoch beendet wurden, konnte die Gruppe schließlich gemeinsam nach Babelsberg fahren – mit der S-Bahn.