Liebe Anhänger und Anhängerinnen des Babelsberger Fußballs. Meine Rede ist heute vor allem an jene gerichtet, die nicht zu den Demonstranten gehören; also an die Bewohner Schönbergs, Touristen bzw. Spaziergänger aus den Nachbarorten; aber auch an die hier versammelten Polizeikräfte, die die Begleitung dieser Demo als ihren Einsatz definieren.
Sie werden sich fragen: Warum diese Demo?
Haben die Vorfälle im sizilianischen Catania mindestens aber in Leipzig im Spiel Lok gegen Aue II nicht wieder unzweideutig gezeigt, dass ein Teil von Fußballfans nichts weiter als randalierende Gewalttäter sind? Und ist es nicht originär die Aufgabe der Polizei den Bürger vor solchen Gewalttätern zu schützen?
Es steht außer Frage, dass wir dies eindeutig mit `Ja` beantworten müssen!
Warum dann Schönberg? Warum dann diese Demo?
- Die Spiele des SV Babelsberg 03 in Schönberg stehen stellvertretend für viele Einsätze der Polizei die auf einem Paradoxon beruhen. Irgendwann (vor nahezu 30 Jahren) trat Polizei im Zusammenhang von Fußballspielen in und um Fußballstadien erstmals auf, um
- verfeindete Fußballanhänger, die sich ihr eigenes Match liefern wollten, zu trennen
- und um den braven Fußballanhänger oder Passanten im Umfeld des Stadions vor gewaltbereiten Fußballfans zu schützen
Schönberg ist ein klassisches Beispiel dafür, dass hier beide Grundvoraussetzungen fehlen:
- es gibt keine verfeindeten Fußballanhänger von Schönberg und Babelsberg
- die Babelsberger Nordkurve hat bundesweit einen Ruf als emanzipierte Fanszene, die sich offen gegen Rassismus, Antisemitismus, Sexismus und Gewalt positioniert.
Die Polizeieinsätze in Schönberg sind ein hervorragender Beleg dafür, dass sie (die Polizei) längst zu einem Bestandteil des Gewaltzusammenhangs geworden ist. An Stelle der nicht vorhandenen verfeindeten gegnerischen Anhänger ist sie getreten; sie ist zum Feinbild vieler Fußballanhänger stilisiert geworden; möglich wurde dies auch durch überstarke Polizeipräsenz und völlig abwegige Gefahrenprognosen auf polizeilicher Führungsebene.
2. Warum eine Demo mit politischen Inhalten? Viele in und um den Fußball interessierten oder weniger interessierten Bürger fragen mich immer wieder: Was hat Politik im Fußball zu suchen? Was hat z.B. die Forderung der Begnadigung eines ehemaligen Mitglieds der RAF Fraktion durch den Bundespräsidenten um Gottes Willen mit Fußball zu tun?
Antwort: Eigentlich gar nichts! Oder: Eine ganze Menge!
Zur Erklärung dieses Phänomens gehen wir zurück zu den umstrittenen Polizeieinsätzen gegen Babelsberger Fans. Fragen Sie jeden Polizeibeamten, warum er Spiele des SV Babelsberg 03 begleitet: Er wird ihnen sagen, dass die Babelsberger Anhänger dazu (irgendwann) einen Anlass gegeben haben.
Diese Rechtfertigung beruht also auf einem kausalen Zusammenhang: Ursache – Wirkung. Wenn diese einfache Kausalität Grund genug ist für sich ständig wiederholende Polizeieinsätze bei Babelsberg Spielen sagen wir folgendes:
In dem Augenblick, als die Polizei das Fußballstadion betrat, ist aus dem originär sportlichen ein politischer Zusammenhang geworden.
Erst die Polizeipräsenz macht aus einem sportlichen ein politisches Ereignis.
Und nur
darauf reagiert die Babelsberger Fanszene. Denn sie glauben doch wohl nicht wirklich, dass z.B. die Forderung nach Begnadigung von Christian Klar in Erwartung eines Situationszusammenhangs in Schönberg formuliert worden wäre, wenn dieser keine Merkmale des `Politischen` aufwiese.
Anders formuliert:
Gegenüber Schönberger Sportfunktionären oder dem Publikum machen diese Forderungen zugegebenermaßen keinen Sinn und wären auch niemals gestellt worden.
Fassen wir also zusammen:
Die perpetuierliche Präsenz der Polizei im Fußballkontext ohne objektiv klar und nachvollziehbare Gründe hat dazu geführt, dass
- Polizei zu einem integralen Bestandteil des Gewaltzusammenhangs geworden ist
- Polizei den Fußball quasi zu einem politischen Wirkungsfeld hat werden lassen
Die Demo in Schönberg ist eine Antwort auf das im Februar 04 durch Polizeikräfte erzeugte willkürliche Vorgehen mit physischer Gewalt gegen Babelsberger Fans.
Danke!