Etwa 180 Babelsberg-Fans trafen sich - von 40 Beamten der Bundespolizei und sechs bis acht Zivilbeamten erwartet - gegen 13:00 Uhr auf dem Potsdamer Hauptbahnhof, um mit der Regionalbahn zunächst bis zum Berliner Ostbahnhof zu fahren. Die Fahrt dorthin verlief beengt, aber ohne Zwischenfälle in Begleitung von ungefähr der Hälfte der vorgenannten Beamten. Im Ostbahnhof erfolgte vor den Augen dieser und weiterer ca. 50 dort positionierter Polizeibeamter das Umsteigen in die S-Bahn, mit welcher die Fahrt - wiederum in polizeilicher Begleitung und relativ beengt - bis zum S-Bahnhof Köpenick fortgesetzt wurde.
Nach Verlassen der Bahn gegen 14:30 Uhr ging es zunächst nicht weiter. Die Polizei nahm die Personalien zweier Babelsberg-Fans auf, die für einen an der Innenwand der S-Bahn aufgetragenen Schriftzug verantwortlich gewesen sein sollen. Unklar blieb, warum dies ganze 20 Minuten dauerte, in denen natürlich auch weitere S-Bahnen eintrafen, aus denen - wie man erwarten konnte - gerade auch Anhänger des FC Union stiegen, welche hinter einer sodann von Einsatzkräften gebildeten Kette im hinteren Bahnsteigbereich warten mussten.
Zunächst ging es dann endlich weiter. Der Zug der Babelsberger geriet jedoch bereits wieder auf der zum Vorplatz des S-Bahnhofs hinunterführenden Treppe im Spalier der Polizei ins Stocken. Ein Babelsberg-Fan wurde festgenommen und aus dem Bahnhof in eines der ca. 15 vor und im näheren Bereich des Bahnhofsvorplatzes stationierten Einsatzfahrzeuge der Polizei gebracht. Um mit dem Fanbetreuer folgen zu können, gab ich mich noch im Bahnhof und erneut auf dem Bahnhofsvorplatz als Anwalt zu erkennen. Dort bat mich ein Polizeibeamter kurz stehen zu bleiben und rief dann auf mich zeigend: „Das is’er“.
Nach einiger Zeit wurde mir durch die Polizei erklärt, dass dem betreffenden Babelsberg-Fan vorgeworfen werde, er habe einen Polizeibeamten beleidigt und versucht, ihn - wie auch immer - zu verletzen. Einige Babelsberger, die das angebliche Geschehen aus unmittelbarer Nähe beobachteten, bestätigen dies jedoch ganz und gar nicht.
Während des Wartens auf dem Bahnhofsvorplatz erfolgte plötzlich die Festnahme eines weiteren jungen Mannes. Dieser soll ein T-Shirt mit angeblich zur Begehung von Straftaten aufrufendem Aufdruck getragen haben. Die Hoffnung der abwartenden Babelsberg-Fans, die beiden Festgenommenen würden wieder entlassen, um sich das Spiel ansehen zu können, wurde leider enttäuscht. Also ging es gegen 15:20 Uhr zu Fuß weiter zum Stadion. Dass es in der seit dem Eintreffen auf dem S-Bahnhof Köpenick bis hierher vergangenen Wartezeit von 50 Minuten zu keinen besonderen Zwischenfällen kam, ist letztlich dem Umstand zu verdanken, dass sich die Anhänger des SV Babelsberg 03 auf dem Bahnhofsvorplatz ganz besonnen verhielten.
Der Fußmarsch zum Stadion erfolgte problemlos und wurde von nebenher gehenden Polizeibeamten und etwa 15 Einsatzfahrzeugen begleitet. Die sich hinziehende Einlassprozedur wurde in Ruhe absolviert, obgleich das Spiel bereits begonnen hatte.
Ein weiblicher Fan des SV Babelsberg klagte über erhebliche Schmerzen im Rippenbereich, nachdem sie ihren Angaben zufolge noch auf der Treppe des S-Bahnhofs unsanften Körperkontakt mit einem Polizeibeamten hatte. Die Sportsfreundin suchte im Stadion einen Sanitäter auf, wurde untersucht und bekam Schmerzmittel. Es liegt der Verdacht einer Rippenfraktur vor.
Während des Spiels gab es keine Zwischenfälle mit der Polizei oder den Ordnern. Es befanden sich etwa 380 bis 400 Anhänger des SV Babelsberg mit ca. 50 Polizeibeamten und schätzungsweise 10 Zivilbeamten im Fanblock.
Schon bald nach Ende des Spiels zogen sich die Babelsberg-Fans aus dem Stadion zurück um zur S-Bahn zu gelangen und die Heimfahrt anzutreten. Die Polizeibeamten standen bereit und gingen dann wiederum in Reihe neben ihnen. Auf der Straße fuhren ca. 15 Einsatzfahrzeuge nebenher. Hierdurch war der Sichtkontakt zur gegenüberliegenden Straßenseite, auf welcher Gruppen von Anhängern des FC Union gingen, etwas eingeschränkt, was zum Schutz der Anhänger des SV Babelsberg beitrug.
Während die Babelsberger durch fußballtypischen Fangesang und auch Sprechchöre auf sich aufmerksam machten und sich auch mit einigen der nebenher gehenden Beamten kurz freundlich unterhielten, schien unter einigen anderen der Polizeibeamten eine gewisse Nervosität aufzukommen. Dies zeigte sich z.B. darin, dass diese - im Gegensatz zu ihren freundlicheren Kollegen - dazu übergingen, einzelne nicht mehr auf, aber noch direkt neben dem Bürgersteig gehende Babelsberg-Fans ohne vorherige Ansprache zu den anderen zu schieben bzw. sogar zu stoßen. Da ein solches Vorgehen regelmäßig Schmerzen hervorruft, trägt es bekanntlich zu allem anderen als der Schaffung einer entspannten Situation bei.
Mit weiterer Annäherung an den S-Bahnhof Köpenick verschärfte sich nicht nur der Ton, sondern auch die Lage insgesamt. Als völlig überzogen erschien der Einsatz von in dieser Situation natürlich laut bellenden und äußerst gereizt wirkenden Polizeihunden. Diese trugen zwar einen Maulkorb und wurden von ihren in Reihe stehenden Hundeführern nicht ohne Kraftaufwand an der Leine gehalten. Ein solches Vorgehen wird vom normalen Menschen jedoch als durchaus bedrohlich empfunden und schafft ein Klima der Angst, und zwar nicht unbedingt nur bei Menschen, die unter einer entsprechenden Phobie leiden. Hinzu kommt, dass von einem so gereizten Hund dieser Größe - speziell wenn er seinem Hundeführer entgleitet - eine nicht unerhebliche Gefahr ausgeht, für deren Inkaufnahme im vorliegenden Fall kein Grund ersichtlich war. Gänzlich unverständlich war daher das von einer Vielzahl von Personen beobachtete Verhalten eines Hundeführers, welcher seinen aus Leibeskräften bellenden und knurrenden Hund an der Leine haltend etwa einen Meter in die vorbeigehenden Babelsberg-Fans hineinspringen und sich auf den Hinterbeinen aufrichten ließ. Fraglich ist, wozu dieses Verhalten geeignet sein sollte, wenn nicht zur Provokation.
Obwohl sich nun die Lage merklich anspannte, blieb die Situation letztlich unter Kontrolle. Der Weg führte jetzt in den S-Bahnhof Köpenick hinein. Auf der anderen Seite des Bahnhofsdurchgangs befand sich eine Meute von Union-Fans, welche anscheinend in den Bahnhof zu den Babelsbergern dringen wollte, jedoch von der nun auch ihre Helme tragenden Polizei zurückgehalten werden konnte. Allein etwa zehn Beamte hatten damit zu tun, einige in dem im Bahnhof befindlichen Bistro stehende aufgebrachte Union-Anhänger davon abzuhalten, zu den die Treppe zum Bahnsteig hinaufgehenden Babelsberg-Fans vorzudringen. Insoweit mag hier die Gefahr eines Blutvergießens verhindert worden sein.
Oben auf dem Bahnsteig stand sodann eine S-Bahn abfahrbereit. Umringt von Polizeibeamten irritierte es, dass es einerseits hieß, in diese Bahn solle nicht eingestiegen werden. Einige Polizeibeamte dagegen forderten gerade hierzu auf. Letztlich konnten die Babelsberger aber in die S-Bahn steigen. Einige der noch immer ihre Helme tragenden Beamten betraten auch die Bahn, um mitzukommen. Nachdem mehrfach nach mir gerufen wurde, stieg ich - mich ausweisend - wieder aus.
Der Fanbetreuer befand sich ebenfalls wieder auf dem Bahnsteig. Hinter einem auf dem Bahnsteig befindlichen Häuschen mussten wir die Festnahme eines SVB-Fans ansehen. Nachdem seine Arme auf dem Rücken gefesselt waren, wurden diese von der Polizei nach oben gedrückt, sodass er entsprechend vorgebeugt in Richtung der wieder vom Bahnsteig hinabführenden Treppe gebracht wurde. Ein von mir gefragter Polizeibeamter konnte keine Auskunft über den Grund der Festnahme dieses und eines offenbar kurz zuvor weggeführten Babelsbergers geben. Eine Kontaktaufnahme zu den beiden festgenommenen Babelsberg-Fans war nicht mehr möglich.
Auf dem Bahnsteig stand ein etwas älterer unbeteiligter Fahrgast, der offenbar alles beobachtet hatte. Er äußerte sein Entsetzen über das Vorgehen der Polizei. Während er uns unter dem Eindruck des Geschehens bereitwillig seinen Namen und seine Telefonnummer angab, fuhr die S-Bahn davon. Der Bahnsteig war kurzzeitig fast menschenleer. Dann kamen die Union-Fans die Treppe hinauf. Der Fanbetreuer des SV Babelsberg sprach zwei zu diesem Zeitpunkt noch neben uns auf dem Bahnsteig stehende szenekundige Polizeibeamte aus Babelsberg an, welchen wir uns vorsorglich anschlossen. Es gelang uns dem Strom der Union-Fans entgegen und vorbei an den auf der Treppe positionierten Polizeibeamten aus dem Bahnhof zu kommen. Die beiden szenekundigen Polizeibeamten aus Babelsberg nahmen uns sodann freundlicherweise im PKW mit und setzten uns gegen 19:50 Uhr am Potsdamer Hauptbahnhof ab.
Gegen 20:10 Uhr trafen diejenigen SVB-Fans ein, welche nicht schon vorher aus der Regionalbahn gestiegen waren. Zwischenfälle mit der Polizei waren hier nicht zu beobachten. Abgesehen davon, dass sich eine Anhängerin des SV Babelsberg auf dem Ostbahnhof medizinisch versorgen lassen musste, weil sie sich eine Handverletzung an einer wohl durch den Polizeieinsatz beschädigten Kunststoffscheibe im Inneren der S-Bahn zugezogen hatte, wurde von keinen besonderen Problemen auf der Rückreise berichtet.
Insgesamt gesehen handelte die Polizei insbesondere dann ganz sinnvoll, wenn es darum ging, ein direktes Zusammentreffen der jeweiligen Fan-Gruppen zu verhindern. Unterm Strich jedoch bleibt gerade wegen des speziellen Verhaltens einzelner Beamter leider eher ein bitterer Nachgeschmack. Das müsste nicht so sein.
Torsten Kauer
Rechtsanwalt