Fussballfans beobachten die Polizei

Polizei im Wettbewerb / Offenbacher Kickers 1901 vs. SV Babelsberg 03 22.10.2010

Nachrichten

Fansmedia Bremen schließt sich der Aktion an weiter...

Fan-Projekt Jena e.V. / FC Carl Zeiss Jena e.V. nehmen an der Aktion teil weiter...

Artikel junge Welt 27.12.07
weiter...

Artikel Ahlener Tageblatt 27.12.07
weiter...

Artikel Ahlener Zeitung 27.12.07
weiter...

Zwischenbilanz 2006 erschienen
weiter...

Votum der Jury zum Wettbewerb "Wo demonstrieren Babelsbergs Fußballfans Heiligabend?"
für das 3.Ligaspiel Offenbacher Kickers 1901 gegen SV Babelsberg 03

Juryvotum Offenbach 22.10.2010

Zugrunde gelegter Sachverhalt:

Zum Auswärtsspiel des SV Babelsberg in Offenbach begleiteten ca. 100 Nulldrei-Fans ihre Mannschaft, darunter etwa 50 im Fanbus. Im Verlauf der Hinfahrt nahm die Verkehrsleitstelle Offenbach Kontakt zum Fanprojekt auf, um den Bus zum Stadion leiten zu können.

Gegen 18 Uhr erreichte der Fanbus den für die Gästefans vorgesehenen Parkbereich. Dort erwartete bereits eine nicht unerhebliche Zahl von gepanzert uniformierten Polizeibeamten die Babelsberger. Einige der Polizisten schritten auf den Bus zu, worauf hin der Fanbetreuer das Gespräch mit diesen ausserhalb desselben suchte. Neben den uniformierten Beamten nahm auch der Offenbacher SKB an diesem Gespräch teil. Das Betreten des Busses durch die Beamten wurde aufgrund der Einwände des Fanbetreuers und der Kommunikation mit dem SKB verhindert. Der Fanbetreuer übermittelte schließlich den mitreisenden Fans die Informationen der Polizei zum Verbot von Pyrotechnik und Glasflaschen im Stadion.

Die Fans verließen nunmehr den Bus und sammelten sich auf dem Parkplatz. Die Polizeibeamten erklärten den Babelsbergern den Weg zum Stadion und begleiteten den Weg in angemessener Zahl. Einem Rollstuhlfahrer unter den Babelsberger Fans wurde von der Polizei angeboten, dass man ihn zum Stadion fahren könne. Er entschied sich aber, sich mit den anderen Fans durch den Wald fortzubewegen.
Nach dem Offenbacher SKB nahm auch der Einsatzleiter von sich aus Kontakt zum Fanprojekt auf.

Am Einlass agierten die eingesetzten OrdnerInnen gegenüber den Fans überaus freundlich. Die personalen Kontrollen waren durchweg angemessen. Einem Fan wurde dabei allerdings zunächst nicht ermöglicht, seine Fahne bzw. deren Stange mit ins Stadion zu nehmen. Als Grund dafür wurde angebracht, dass er in Offenbach einen Fahnenpass benötigen wurde. Um die Fahne mit ins Stadion nehmen zu können, musste er schließlich seinen Personalausweis am Einlass hinterlegen. Die Einlasssituation wurde von einem Polizeibeamten mit Kamera gefilmt. Darauf von Fans angesprochen begründete er das Filmen als Präventivmaßnahme, um spätere Straftäter besser identifizieren zu können. Nach einigen weiteren Nachfragen äußerte er, dass die Kamera "auf Pause" stehe und lediglich abschreckend wirken solle.

Als sich ein Großteil der Babelsberger bereits im Stadion befand, wurde eine kleinere Gruppe von Fans außerhalb des Stadions von Polizeibeamten angehalten. Einem der Nulldreier wurde vorgeworfen, er habe eine Flasche auf den Waldweg geworfen. Er wurde auf der Motorhaube eines Polizeiwagens fixiert. Nach einer Personalienfeststellung wurde der Babelsberg-Fan von den Polizisten gen Stadion entlassen.

Die Babelsberger positionierten sich schließlich im Gästebereich des Stadions. Lediglich der sanitäre Bereich des Gästesektors wurde dabei von den Fans als unzureichend empfunden, da hier ausschließlich unbeleuchtete Dixi-Klos bereitstanden.

Einige Polizeibeamten verbrachten das gesamte Spiel im Babelsberger Fanblock, während andere Kräfte wiederholt den Block als Durchgang zwischen den Blöcken nutzten. Gerade letzteres wurde von den Babelsberger Fans als sehr störend empfunden.

Weiterhin verlief das Spiel ereignislos.

Nach Abpfiff der Partie bewegten sich die Nulldreier in Polizeibegleitung zum Parkplatzbereich zurück.
Polizeilicherseits kamen hierbei auch Pferde sowie ein Hund ohne Maulkorb zum Einsatz.

Gegen 21.15 Uhr verließ der Babelsberger Fanbus Offenbach.
Die Rückfahrt verlief ohne Vorkommnisse.

Wertung:

Insgesamt kann die Jury zwischen Null (beanstandungsfrei) bis 100 Punkte vergeben. In Städten, die mindestens 50 Punkte (Qualifikationswert) erhalten, besteht grundsätzlich Bedarf an einer weihnachtlichen Fandemonstration.

Nach umfassender Würdigung der Gesamtumstände erhält die Stadt Offenbach

24 Punkte.

Gründe:

Die Jury geht davon aus, dass Fans, die in der 3. Liga oft eine weite Reise auf sich nehmen, um ihre Mannschaft auswärts zu unterstützen, einen Anspruch haben, möglichst wenig von Polizei und Ordnungsdienst behelligt zu werden.

Diesem deeskalierenden Anspruch sind Polizei und Ordnungsdienst mit einigen Abstrichen nachgekommen.

Die „Begrüßung“ des Babelsberger Fanbusses durch die Polizei wurde von den Fans als bedrohlich wahrgenommen. Weder die sichtbar große Anzahl von Beamten noch der Wunsch einiger Kräfte, den Bus betreten zu treffen, ist ein taugliches Mittel deeskalierenden Auftretens. Dass der verantwortliche Gruppenführer den Argumentationen des Offenbacher SKBs und des Mitarbeiters des Babelsberger Fanprojekts zugänglich war, ist hingegen zu goutieren.

Darüber hinaus zeigten sich die eingesetzten Beamten ganz überwiegend freundlich. Das oben beschriebene Verhalten gegenüber einen Fan, der eine Flasche auf den Waldweg geworfen hatte, war jedoch nicht verhältnismäßig.

Weiterhin wurde das ständige Durchschreiten des Babelsberger Blocks durch die Polizei von den Fans als unangenehm empfunden. Auch das Filmen der Einlasssituation wurde von den Fans als Provokation wahrgenommen.

Der Einsatz von Hunden und Pferden im Rahmen von Fußballspielen ist zudem gänzlich zu hinterfragen.

Dem Verein Kickers Offenbach empfehlen wir, das Modell des Fahnenpasses zu überdenken, da es sich hierbei eher um eine von Fans als Schikane empfundene Maßnahme handelt als um ein wirksames Mittel gegen Gewalt beim Fußball.


Impressum | Kontakt | ©2010 Fussballfans beobachten die Polizei