Fussballfans beobachten die Polizei

Polizei im Wettbewerb / FC Carl Zeiss Jena vs. SV Babelsberg 03 06.11.2010

Nachrichten

Fansmedia Bremen schließt sich der Aktion an weiter...

Fan-Projekt Jena e.V. / FC Carl Zeiss Jena e.V. nehmen an der Aktion teil weiter...

Artikel junge Welt 27.12.07
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Artikel Ahlener Tageblatt 27.12.07
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Artikel Ahlener Zeitung 27.12.07
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Zwischenbilanz 2006 erschienen
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Votum der Jury zum Wettbewerb "Wo demonstrieren Babelsbergs Fußballfans Heiligabend?"
für das 3.Ligaspiel FC Carl Zeiss Jena gegen SV Babelsberg 03

Juryvotum Jena 06.11.2010

Zugrunde gelegter Sachverhalt:

Zum Drittliga-Auswärtsspiel des SV Babelsberg 03 in Jena begleiteten mehr als 300 Fans ihre Mannschaft, davon knapp 100 mit dem Zug. Weitere etwa 100 Nulldreier entschieden sich für die Fahrt mit den Fanbussen.
Die Zugfahrer unter den Babelsberger Fans wurden von einer Einheit der Bundespolizei begleitet. Der Leiter der Einheit nahm Kontakt zum die Fans begleitenden Mitarbeiter des Fanprojekts Babelsberg auf.
Auf der Zugfahrt reagierte die Einsatzleitung auf Vorschläge von Fans oder der Fanbetreuung (z.B. Freigabe eines weiteren Abteils) offen. Die Umstiege in Magdeburg, Halle und Großheringen verliefen weitestgehend konfliktarm. Einige Polizeibeamten drängelten die Fans dabei jedoch voran, um sie schneller zum Einstieg in die jeweiligen Züge zu bewegen. Gegen 13.00 Uhr erreichten die Nulldreier den Bahnhof Jena-Paradies. Der Einsatzleiter nahm Kontakt zum Fanprojekt auf, der Weg zum Stadion wurde erklärt. Der ca. 15minütige Fußweg wurde von der Polizei begleitet. Dabei wurden die Fans wiederholt abgefilmt. Die eingesetzten Beamten zeigten sich derweil zurückhaltend und eher freundlich.

Vor dem Eingang zur Haupttribüne, den die Fans passieren mussten, wollte ein Nulldreier einen dort wartenden Freund begrüßen. Dies wurde von einem Beamten verhindert, der den Fan massiv wegschubste und ihn aufforderte, den Weg zum Gästebereich fortzusetzen. Die Einlasssituation stellte sich für die Babelsberger als eher ungünstig dar: Lediglich eine Kasse war besetzt, so dass sich der Einlass bei relativ gleichzeitiger Ankunft von Bus- und Zugfahrern als langwieriger Vorgang darstellte. Die eingeschränkten Voraussetzungen für den Erwerb ermäßigter Eintrittskarten waren ein zusätzliches Ärgernis. Die eingesetzten Ordner agierten hingegen überaus freundlich und kommunikativ. Beispielhaft sei der Umgang mit einem Babelsberger Rollstuhlfahrer erwähnt, dessen Begleitperson es gestattet wurde, das Spiel entgegen der Stadionordnung nicht neben ihm stehend, sondern im Gästeblock zu verbringen.

Im Stadion empfanden es viele Fans als Ärgernis, dass – gerade angesichts des für die Dritte Liga ziemlich hohen Eintrittspreises – lediglich Dixi-Toiletten zur Verfügung standen.

Das Spiel verlief ereignislos.

Nach Abpfiff der Partie bewegte sich ein Großteil der Fans aus dem Stadion heraus. Währenddessen reagierten einige Jenenser Anhänger auf eine Antifa-Flagge im Babelsberger Block mit Rufen wie „Antifa – hahaha“. Einige Babelsberger Fans bestiegen daraufhin den Absperrzaun und Bierbecher flogen von beiden Seiten. Der Ordnungsdienst nahm in dieser Situation eine eher beobachtende Rolle ein und wurde erst aktiv, als zwei Jenenser in den Pufferbereich zwischen den Blöcken gelangten. Die Begleitperson des Rollstuhlfahrers wurde von der Tribüne aus mit Gegenständen beworfen. Schließlich betraten Polizeikräfte den Pufferbereich. Ihr gleichermaßen präsentes, aber nicht aggressives Auftreten sorgte auch dafür, dass sich beide Seiten beruhigten.

Außerhalb des Stadions sammelten sich die Babelsberger Zugfahrer, um dann gemeinsam zum Bahnhof zu gelangen. Der Weg verlief ohne besondere Vorkommnisse.

Am Bahnhof Jena-Paradies untersagten die eingesetzten Beamten den Fans den Weg in die Stadt, wohin diese mit dem Wunsch des Getränkeerwerbs strebten, da am Bahnhof sämtliche Geschäfte bereits geschlossen waren. Hier kam es zu einigen Schubsereien von Beamten, die die Fans bewegen wollten, bereits 30 Minuten vor Abfahrt des Zuges auf den Bahnsteig zu gehen. Schließlich kam der Einsatzleiter auf den Fanbetreuer zu und bat an, dass dieser mit einigen Fans gemeinsam zu einem in der Innenstadt gelegenen Supermarkt gehen könne, um Getränke zu kaufen. Diese Möglichkeit wurde wahrgenommen. Als zwei mit den Babelsberger Fans befreundete Jenenser, die diese zum Bahnhof begleitet hatten, den Bereich, in dem die Nulldrei-Fans standen, verlassen wollten, wurden sie von einem sehr unfreundlich auftretenden Beamten daran gehindert. Ihnen wurde in Aussicht gestellt, mit nach Potsdam fahren zu müssen. Der hinzukommende Einsatzleiter wirkte auf seinen Mitarbeiter ein, so dass die beiden Jenenser schließlich vor Ort verbleiben durften.

Einem Nulldrei-Fan, der von einem anderen Bahnsteig nach München reisen wollte, wurde zunächst der Weg zum anderen Gleis verwehrt. Als er schließlich passieren durfte, wurde er daran gehindert, sich von seinen Freunden zu verabschieden, und wurde von den Babelsberger Fans weggeschubst.
Gegen 17.15 Uhr verließen die Zugfahrer unter den Babelsberger Fans Jena. Die Fahrt bis Großheringen verlief ereignislos. In Naumburg schritten einige Personen aggressiv auf den Zug zu, woraufhin einige Babelsberger Fans sich zu den Ausgängen des Zuges bewegten. Die Angreifer wurden von der Polizei abgedrängt. Ein Babelsberger Fan wurde von einem Polizeibeamten per Würgen am Verlassen des Zuges gehindert. Der Fan wurde weiterhin in das Abteil zu seiner Gruppe abgedrängt und die Abteiltür abgeschlossen. Ein Polizeibeamter provozierte und beleidigte die Fans im Abteil schließlich mehrmals, u.a. mit dem Zeigen des Mittelfingers. Die Umstiege in Halle und Magdeburg verliefen ohne besondere Vorkommnisse. Gegen 22.30 Uhr erreichten die Babelsberger Fans den Potsdamer Hauptbahnhof.

Wertung:

Insgesamt kann die Jury zwischen Null (beanstandungsfrei) bis 100 Punkte vergeben. In Städten, die mindestens 50 Punkte (Qualifikationswert) erhalten, besteht grundsätzlich Bedarf an einer weihnachtlichen Fandemonstration.

Nach umfassender Würdigung der Gesamtumstände erhält die Stadt Jena

25 Punkte.

Gründe:

Die Jury geht davon aus, dass Fans, die in der 3.Liga oft eine weite Reise auf sich nehmen, um ihre Mannschaft auswärts unterstützen, einen Anspruch haben, möglichst wenig von Polizei und Ordnungsdienst behelligt zu werden.

Diesem deeskalierenden Anspruch sind die Polizei in Jena sowie der Ordnungsdienst ganz überwiegend gerecht geworden.

Ein Großteil der eingesetzten Beamten waren freundlich. Die Ordner agierten durchweg kommunikativ.

Die Einsatzleitung war ganz offensichtlich zu jedem Zeitpunkt an einem deeskalierenden Handeln interessiert und agierte bei auftretenden Problemen wie der fehlenden Möglichkeit des Getränkeerwerbs lösungsorientiert. Die vor Ort eingesetzten Beamten wurden diesem Anspruch mit Ausnahme einiger Situationen am Bahnhof Jena-Paradies gerecht.
Hier verhielten sich einige wenige Beamte gereizt und aggressiv.

Auch die auf der Zugfahrt eingesetzte Polizeieinheit verhielt sich in großen Teilen angemessen. Einige der Beamten traten aber auch hier aggressiv auf.

Dem Verein FC Carl Zeiss Jena möchten wir abschließend empfehlen, die Bedingungen für den Erwerb von ermäßigten Eintrittskarten zu ändern, also den Ermäßigungskatalog zu erweitern, sowie ferner generell das Preisniveau zu überdenken


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